Gestapelte Frauen - Patricia Melo
Buchvorstellungen

Gestapelte Frauen – Patricia Melo

Januar 1, 2022

Sie verliebt sich schnell in Amir – charmant, intelligent, interessiert. Die Unterhaltungen belebend, die Nächte im belebten Sao Paulo berauschend. Dann die Ohrfeige, die Beleidigung. Um so weit weg wie nur möglich von ihm zu sein, nimmt die junge Anwältin eine Stelle im entlegenen Cruzeiro do Sul (Bundesstaat Acre) an. Als Beobachterin nimmt sie an Gerichtsverhandlungen zu brutalen Frauenmorden teil. Immer näher kommt sie dem Leben der Opfer – den Töchtern, den Müttern, den Freundinnen. Und immer eindringlicher verfolgen sie Bilder aus ihrer Kindheit, Bilder ihrer eigenen Mutter.
Um der Wirklichkeit zu entkommen, flüchtet sie sich in eine Traumwelt – in geheimnisumwirkte Wälder und Flüsse, an die Seite von Amazonen, die die Täter verfolgen. In der Realität aber scheint die Gerechtigkeit unerreichbar.
(Klappentext)

Es ist ein intensiver Roman, aufwühlend und brutal. Geschildert werden reale Fälle von ermordeten Frauen in Brasilien. In kleinen Einschüben zwischen den Kapiteln bekommen diese getöteten Seelen eine Stimme: „Getötet vom Ehemann …“, dann folgen Ursachen. Ein Streit wegen einer Fernbedienung, Ungehorsam. Die Liste ist unendlich.
Nur die Geschichte um die junge Anwältin ist fiktiv.

Patricia Melo verwebt Todesfälle, die in Brasilien für Aufsehen sorgten, mit einer romanhaften Geschichte, spinnt gekonnt fantastische Szenen ein, die den sagenumwobenen Künsten indigener Stämme zuzuordnen sind.
Und sie klagt an. Der Roman ist ein Plädoyer für die Rechte der Frau, gegen häusliche Gewalt, gegen Missbrauch bis hin zum Mord, gegen Korruption und gegen das Kastensystem.

Die Journalisten interessieren sich nur für Txupiras Fall. Nicht, weil sie etwas für Txupira übriggehabt hätten. Oder weil sie sich einen wirklichen Begriff von der Tragödie machten, die ihr Tod im Alter von vierzehn Jahren darstellte. Eigentlich war Txupira ihnen völlig egal. Txupira war keine Weiße, sie gehörte nicht zu der Kategorie von Opfern, die von der Presse gerne ausgeschlachtet wurden. Obendrein war sie eine Indigene. Und im brasilianischen Kastensystem, an dessen Spitze die Reichen und die Weißen stehen, rangieren die Indigenen noch unter dem Schwarzen, die noch unter den Armen kommen und unter den Frauen. Das Leben der Indigenen hat in unserem Kastensystem den gleichen Wert wie das der Geisteskranken in den Heilanstalten oder das der Kinder, die an den Ampeln betteln. Unsere Indios sind uns scheißegal. Wirklich geliebt von der Presse werden die Mörder. Vor allem, wenn sie reich und weiß sind wie Crisantemo.

Seite 81

Der Titel „Gestapelte Frauen“ bezieht sich auf einen Ordner, den die junge Anwältin in der Geschichte anlegt. Sie sammelt darin die Fälle der Frauen, die ermordet, aber deren Täter ungestraft davon kamen. Und es sind viele, ein Stapel toter Frauen.

• ISBN: 978 3 293 00568 6
• Verlag: Unionsverlag
• Aus dem Portugiesischen von Barbara Mesquita

Links:
Weltspiegel (ARD): Brasilien: Gewalt gegen Frauen – Im Schnitt alle sieben Stunden wird in Brasilien eine Frau ermordet, wegen ihres Geschlechts. Tendenz steigend .. https://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/weltspiegel/sendung/brasilien-gewalt-gegen-frauen-100.html
DW: Brasilien: Im Land der Machos leben Frauen gefährlich https://www.dw.com/de/brasilien-im-land-der-machos-leben-frauen-gef%C3%A4hrlich/av-51068120

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