Oft fuhr ich auf der Autobahn A4 an den nahe beieinanderliegenden Burgen vorbei. Ein Rastplatz am Rande des naturfressenden Teerbandes lieh sich den Namen des mittelalterlichen Schlössertrios: Drei Gleichen. Von hier aus flieht der Blick über saftiges Grün hin zu den Felsen, auf denen die Burg Gleichen, die Mühlburg und die Veste Wachsenburg erhobenen Hauptes thronen.
Rund um die Festungen erstrecken sich die Naturschutzgebiete Röhnberg, Schlossleite und Wachsenburg.
Die Bezeichnung „Drei Gleichen“
Jede Fahrt, jedes Passieren der Stelle im Schutze des mittelalterlichen Trios ließ eine Frage in mir auflodern. Wieso werden diese Gebäude „Drei Gleichen“ genannt? Sie sehen völlig verschieden aus. Hatten Sie vielleicht denselben Herrn? Ich beschäftigte mich mit der Geschichte der Schlösser und stieß auf eine Legende, die den merkwürdigen Namen erklärte. Die drei Burgen waren nie im Besitz desselben Burgherren. Der Begriff „Drei Gleichen“ kam nach einem Einschlag eines Kugelblitzes am 31. Mai 1231 auf. Alle drei Festungen brannten wie drei gleiche Fackeln auf den Bergen.
Die Anreise
Im Spätsommer letzten Jahres, die Sonne wärmte, die Menschen schwitzen, die Pflanzen trockneten aus, entschloss ich mich, eine Wanderung um die „Drei Gleichen“ zu unternehmen. Ich las von einem Wanderweg, auf dessen Route alle drei alten Gemäuer liegen. Die Möglichkeit, die Burgen zu besuchen, obliegt dabei dem Wanderer. Von der vorgegebenen Strecke aus sind einige Höhenmeter zu bewältigen, um zu dem jeweiligen Bauwerk zu gelangen.
Meine Wahl fiel auf das Auto, die einfachste Art, dem Ziel näher zu kommen. Die Parkplatzsuche gestaltete sich leicht. Ich betrieb etwas Recherche im Internet und entschloss, das Fahrzeug in Mühlberg, unterhalb der Mühlburg abzustellen (Parkplatz Mühlburg; 99869 Drei Gleichen). Hinter dem abgestellten Wagen teilte sich der Wald, rollte einladend eine staubige Treppe zwischen den Bäumen aus. Die Stufen, aus Baumstämmen, aufgefüllt vom Waldboden, nahmen kein Ende. Oben angekommen, trat die Vegetation linker Hand zurück, das Sonnenlicht knallte auf Fels und Gras, dahinter erhob sich das erste Anschauungsobjekt.
Die Mühlburg
Die Mühlburg ist die älteste der drei Burgen. Obwohl sie eine Ruine ist, bescheinigt man ihr den Status, eines der am besten erhaltenen und die längste Zeit überdauernden Bauwerke Thüringens zu sein.
Ich betrat die Burg, der Zugang führt über eine hölzerne Brücke, die den Wallgraben passierbar macht. Im Inneren, hinter der imposanten Schutzmauer traf ich auf einen Brunnen, von dem ich mir gar nicht vorzustellen wage, wie er einst in den Fels geschlagen wurde. Der Turm, der inmitten der Mauerreste emporragt, kann während der Öffnungszeiten bestiegen werden. Dem Betrachter erschließt sich vom Burggelände aus ein Weitblick über die umliegende Landschaft, der die beiden anderen Schlösser mit einbezieht.
Wenige Meter vor der Burg, außerhalb des Wallgrabens, am Beginn des Kammes Schlossleite, trifft der Wanderer auf steinerne Reste einer uralten Kapelle. Nur der Umriss des einstigen religiösen Gebäudes ist sichtbar. Die Grundmauern ragen wenige Zentimeter in die Höhe. Eine Gedenktafel erklärt, das Gotteshaus war der heiligen Radegundis, Ehefrau des fränkischen Königs Chlothar I., gewidmet.
Einen breiteren Bekanntheitsgrad erlangte die Mühlburg durch den Romanzyklus „Die Ahnen“, in „Das Nest der Zaunkönige“. Der Schriftsteller Gustav Freytag setzte der Burg damit ein literarisches Denkmal. Aus diesem Grund heraus, wurde der Autor als Namensgeber für den malerischen Wanderweg, der die Burgen miteinander verbindet, auserkoren.
Von der Mühlburg zur Veste Wachsenburg
Ich folge dem Gustav-Freytag-Wanderweg. Der Pfad führt mich durch bewaldetes Gebiet. Zunächst streift man auf dem Kamm der Schlossleite entlang, folgt dann, immer wieder kurze Ausblicke auf umliegende Landschaften erhaschend, der ausgetretenen Spuren hinab ins Naturschutzgebiet Wachsenburg. Unterhalb der Veste lädt ein Rastplatz zum Verweilen, bevor sich der Interessierte an den Aufstieg wagt, der Wanderer, für den der Weg das Ziel ist, weiter pilgert.
Die Veste Wachsenburg
Die Veste Wachsenburg ist die einzige der „Drei Gleichen“, die vollständig erhalten ist. Erste Erwähnungen reichen bis ins Jahr 930 zurück. Heute beherbergt die Wachsenburg vier Restaurants: den Rittersaal, das Burgverlies, die Bar anno 1861 und den Burghof. Übernachtungen sind auf der Burg auch möglich.
Von der Wachsenburg zur Burg Gleichen
Im Gegensatz zum vorhergehenden Abschnitt verläuft der Wanderweg jetzt in offener Landschaft. Der Blick schweift in weiter Ferne, während die Füße ihren Weg zwischen Wiesen und Feldern folgen. Schon bald ist die Burg Gleichen auszumachen, obwohl noch einige Kilometer bis zu diesem Ziel vor mir liegen.
Der Pfad schlängelt sich an einem Teich vorbei, landet auf einem Wirtschaftsweg. Meine Sorge, wie man auf die andere Seite der Autobahn A4 gelangt, denn die Burg Gleichen liegt in dem abgeschnittenen Gelände, erübrigt sich. Eine Unterführung ist direkt an den Wanderweg angebunden.
Burg Gleichen und Gasthaus Freudenthal
Am Fuße des Felsens, auf dem die Burg Gleichen thront, trifft man auf das Gasthaus Freudenthal. Das Eine ist ohne das Andere gar nicht zu nennen, denn diese Anlagen lebten in einer Art Symbiose. Einer Legende nach, verehrte der damalige Burgherr zwei Frauen. Damit er sich mit der Gespielin treffen konnte, während seine Frau auf der Burg war, ließ er den Hof Freudenthal errichten. Da die Festung über keine natürlichen Quellen verfügte, diente der Hof als Versorgungsstandort. Die Hofanlage besteht aus einer Mühle, Obstgärten, Hopfen und Weinbergen, einem Brauhaus und dem Eselsbrunnen, der seinen Namen von der Tatsache bezog, dass kostbares Wasser in Fässern auf den Rücken von Eseln hinauf zur Burg transportiert wurden.
Der Name der Burg Gleichen stammt von dem keltischen Wort glich ab, das mit Felsen übersetzt werden kann. Diese Namensgebung hat also nichts mit der Namensgebung der „Drei Gleichen“ gemein.
Auf dem Rückweg – von der Burg Gleichen zur Mühlburg
Nach dem Abstieg von der Burg Gleichen fand ich den recht versteckt liegenden weiteren Verlauf des Wanderweges. Trotz der nahen Autobahn schlägelt sich der Weg abseits der Straßen durch einige Wiesen, vorbei an einem Bauernhof. Es dauerte nicht allzu lang, bis ich zurück in Mühlberg war. Ich folgte der Straße über den Markt zum Parkplatz meines Fahrzeuges unterhalb der Mühlburg.
Eine Wanderung um die Burgen „Drei Gleichen“ in Thüringen lohnt sich für Wanderer, Naturliebhaber und Geschichtsinteressierte. Die unberührte Natur, die drei Naturschutzgebiete Röhnburg, Schlossleite und Wachsenburg laden zu weiteren Wanderungen ein. Ich werde bestimmt das eine oder andere Mal zu einer Wandertour in der Gegend aufbrechen.